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Interview mit Maria Geir
Die digitale Transformation beschäftigt laufend jedes Unternehmen. Um herauszufinden wie diese optimal gelingen kann, haben wir mit der Expertin Maria Geir gesprochen.
Klaiton Team
15.07.2024
5 Min
Was sind die aktuellen Trends und Herausforderungen, denen Unternehmen bei der Digitalisierung gegenüberstehen?
Ganz klar Artificial Intelligence und Machine Learning zur Automatisierung von Geschäftsprozessen. Eine andere Antwort kann man aktuell fast nicht geben. Natürlich muss an dieser Stelle auch das Internet of Things (IoT) genannt werden, da wir schon längst nicht nur mehr über die Displays unserer Laptops und Smartphones interagieren. Aber auch Cloud-Computing, Big Data & Analytics, sowie Blockchain sind nach meiner Beobachtung noch hoch im Trend.
Die größte Herausforderung in diesem Kontext sehe ich tatsächlich im konstruktiven Wandel unserer Zusammenarbeitskultur. In Zeiten von Fachkräftemangel und steigender Komplexität ist einfach kein Platz mehr für Silodenken, Haifischbeckenmentalität und die ewigen Veränderungsverweigerer. Natürlich gilt es auch, sich diversen fachlichen Herausforderungen in Sachen Datenmanagement, Cybersecurity und der zeitgemäßen Anpassung und Flexibilisierung der berühmten „historisch gewachsenen Systemlandschaft“ zu stellen, um neue Technologien sinnvoll zu integrieren. Führungskräfte müssen sich hier die Frage stellen, wie sie die oft sehr hohen Anfangsinvestitionskosten auch sinnvoll wieder monetarisieren können, damit Digitalisierung nicht zu einer äußerst teuren Selbstbeschäftigung wird.
Welche Bereiche eines Unternehmens profitieren am meisten von der Digitalisierung und sollten daher vorrangig behandelt werden?
Welcher Bereich profitiert nicht von der Digitalisierung? Ich glaube, dass man diese Frage differenzierter betrachten muss: Die Priorisierung meiner Digitalisierungsmaßnahmen ist abhängig von meinem Geschäftsmodell. Folglich würde ich nach 4 Hebeln Ausschau halten:
Beantworte ich diese Fragen, ergeben sich sehr rasch die wichtigsten Handlungsfelder. Diese können im Bereich der Customer Experience liegen oder im Digital Marketing, aber auch in der Optimierung von Operations und Supply Chain Management oder in den personalintensiven Branchen in der Unterstützung von HR im Talentmanagement, der Mitarbeiter:innenentwicklung oder der Verwaltung.
Wie können Organisationen die Integration neuer Technologien in ihre bestehenden Prozesse und Strukturen am besten bewältigen?
Gerade in Unternehmen mit wenig eigener Digitalisierungskompetenz empfehle ich ein schrittweises Einführen. Menschen brauchen Zeit, um sich an Neues zu gewöhnen und es wird oftmals unterschätzt, wie schwierig es ist, seine Anforderungen sinnvoll und klar verständlich zu formulieren und wie komplex die tatsächliche Implementierung dieser einfach anmutenden Anforderungen aufgrund der Schnittstellenthematik werden kann. Daher ist es auch so wichtig, sich von externen Expert:innen bei Schulungen und Change Management unterstützen zu lassen und ein kontinuierliches Monitoring der Aktivitäten mit entsprechenden laufenden Anpassungen zu verfolgen. Am besten, man startet mit kleinen, klar abgegrenzten Pilotprojekten. Hier ist die Lernkurve enorm hoch, das Risiko bleibt überschaubar und das nimmt viel Druck von den Beteiligten und führt rasch zu kleinen Erfolgserlebnissen.
Digitale Transformationen heißt die Anforderungen des Unternehmens neu zu denken, und den Mut zu haben, Dinge wegzulassen oder durch Besseres zu ersetzen, wenn sie der Strategie und dem Purpose der Organisation nicht mehr dienlich sind.
Expertin für Digitalisierung & Organisationsentwicklung
Mit welchen Handlungen können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter:innen die erforderlichen digitalen Fähigkeiten und Kompetenzen besitzen, um mit den Veränderungen Schritt zu halten?
Auch das ist eine Frage, die branchenabhängig beantwortet werden muss. Je geringer die Fehlertoleranz eines Unternehmens aufgrund von gesetzlichen Vorgaben und Regulatorien ist, desto strikter und strukturierter werde ich die Wissensvermittlung in Form von Schulungen verfolgen müssen. Generell geht es aber darum, Mitarbeiter:innen zu ermöglichen und sie zu ermutigen, sich nach ihren eigenen Bedürfnissen laufend weiterzubilden. Dies kann in der Form von Microlearning-Angeboten auf Lernplattformen erfolgen, durch die gezielte Konzeption von Mentoring oder Coachingangeboten durch erfahrenere Kolleg:innen im Unternehmen oder generell durch die Förderung von Wissensaustausch und abteilungsübergreifender Zusammenarbeit in der Organisation gepaart mit einer ausgeprägten Feedback- und Lernkultur.
Was sind klassische Fehler bei der Digitalisierung, die Unternehmen immer wieder machen und die sich vermeiden lassen?
Anhaltendes Shiny Toy Syndrome. Wer ziel- und strategielos auf jeden neuen Trend aufspringt, einfach nur, um dabei zu sein, wird scheitern. Irgendwann hält man nur mehr viele lose Enden in der Hand und die Motivation der Mitarbeiter:innen leidet, weil sie nicht mehr daran glauben, dass Entscheidungen auch konsequent durchgezogen werden. Ein ebenfalls sehr „beliebter“ Fehler ist, alles beim Alten belassen zu wollen und einfach die bestehenden Abläufe 1:1 in neue Technologie zu übersetzen. Digitale Transformationen heißt die Anforderungen des Unternehmens neu zu denken, und den Mut zu haben, Dinge wegzulassen oder durch Besseres zu ersetzen, wenn sie der Strategie und dem Purpose der Organisation nicht mehr dienlich sind. Das sollte im Idealfall auch mit der eben thematisierten kontinuierlichen Weiterbildung der Mitarbeiter:innen einhergehen.
Welche Empfehlungen würdest Du Unternehmen geben, die noch am Anfang ihrer Digitalisierungsreise stehen, um sicherzustellen, dass sie auf dem richtigen Weg sind?
Ich würde diese Reise mit Jazzimprovisation vergleichen. Die funktioniert nämlich nur dann, wenn man den Rahmen und die Regeln kennt. Zunächst gilt es die Ausgangssituation realistisch einschätzen. Das impliziert, dass man viele unterschiedliche Sichtweisen an einem Tisch versammelt und dabei auch die Dissonanzen voll auskostet. Anschließend gilt es messbare, gemeinsame Ziele zu setzen. Mit dieser soliden Basis entstehen die Flexibilität und die Freiheit, es als Chance zu begreifen, wenn es dann doch anders kommt, als man denkt und die Fähigkeit konstruktiv einzulenken, anstatt starr an einem nicht mehr haltbaren Plan festzuhalten. Je nach gewählter Methodik gibt es viele Definitionen des „richtigen“ Weges. Aber auch ein Umweg kann gut sein, sofern er stimmig für alle Beteiligten ist und man damit am Ziel ankommt.