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Dritter Salon Klaiton

Expertendiskussion über Energiewende, Geopolitik und die Chancen für unsere Wirtschaft

Die Energiewende und geopolitische Veränderungen gehen Hand in Hand und die Verknüpfungen könnten komplexer nicht sein. Die Podiumsdiskussion im Salon Klaiton am 09. Mai 2023 hat gezeigt: Die Energiewende muss hart erarbeitet werden und Realismus darf dabei nicht zu kurz kommen.

Klaiton Team

10.05.2023

4 Min.

Hildegard Aichberger (Vorständin oekostrom AG), Gebhard Ottacher (Managing Director Climate Lab), Velina Tchakarova (Gründerin von FACE) und Tina Deutsch (Co-Founder und Managing Partner Klaiton) diskutierten in der dritten Ausgabe des Salon Klaiton über die Energiewende, Geopolitik und die Chancen für unsere Wirtschaft. Moderiert wurde die Podiumsdiskussion von Nikolaus Schmidt, Geschäftsführer und Co-Founder von Klaiton.

Die Energiewende ist längst überfällig und dabei spielt Geopolitik eine essentielle Rolle – mit teilweise dramatischen Folgen für unsere Wirtschaft, unsere Gesellschaft und unser Klima. Die Diskussion hat gezeigt: Macht steht im Zentrum von Geopolitik, vor allem im Hinblick auf wertvolle Ressourcen. Um eine vollkommene Energiewende in den kommenden 20-30 Jahren zu erreichen, müssen wir geopolitische Abhängigkeiten überwinden und unseren Energiesektor neu erfinden.

Unsere erkenntnisreiche Podiumsdiskussion war geprägt von den unterschiedlichen Hintergründen und Perspektiven unserer hochkarätigen Gäste. Zuerst beschäftigten wir uns mit der Frage, was die Energiewende bedeutet. 'Aktuell besteht unser Energiemix zu 85 % aus der Verbrennung fossiler Energieträger, und unsere Herkulesaufgabe besteht darin, diese innerhalb weniger Jahre durch erneuerbare Energien zu ersetzen', skizzierte Gebhard Ottacher. Gleichzeitig machte er darauf aufmerksam, dass Energie nicht dasselbe wie Strom ist; dieser macht nämlich nur 20 % unseres gesamten Energiemixes aus.

Für Hildegard Aichberger ist die Sache eindeutig, „Energiewende heißt vor allem, Umstellung von fossilen Energieträgern auf Elektrizität.“ Bei der Wende von Öl und Gas zu Wind und Sonne betont sie vor allem den Unterschied in der Volatilität. Während die fossilen Ressourcen einfach lagerbar sind, gilt es bei den erneuerbaren Energieträgern „Dunkelflauten“ zu überwinden. „Es wird viel Know-how notwendig sein, um diese Herausforderung zu meistern. Entscheidend für diese Wenden werden Technologie und Smartness sein“, prognostiziert die Vorständin der oekostrom AG.

Die derzeit größte geopolitische Problematik sieht Velina Tchakarova vor allem in der Abhängigkeit von bestimmten Lieferanten. Österreich bezieht derzeit immer noch 70 % seines gesamten Gasbedarfs aus Russland. Vor Beginn des Krieges im Februar 2022 waren es 83 %. Sie bezeichnet es als „politisches Armutszeugnis, für das die Steuerzahler einen hohen Preis bezahlen“. Für Russland selbst spiele das jedoch eine untergeordnete Rolle, da es ihrer Ansicht nach keine Energieumstellung vornehmen, sondern einfach neue Kunden suchen werde. Diese zu finden sei unproblematisch für Russland, da insbesondere asiatische Staaten wie China und Indien weiterhin stark auf Kohle, Gas und Erdöl setzen werden. In einigen Mitgliedsstaaten der EU sieht sie sogar eine zukünftige Zunahme fossiler Energieträger, um die Krise kurzfristig zu lösen (Bsp. die Rückkehr von Kohle in Deutschland).

Für Tina Deutsch ist die Sache eindeutig: „In den letzten 1 ½ Jahren hat sich ein deutlicher Shift in der Wahrnehmung von energiepolitischen Themen vollzogen. Wirtschaftliche und geopolitische Perspektiven sind nun eng miteinander verbunden. Während vor fünf Jahren lediglich große Konzerne über die Energiewende diskutierten, hat sie mittlerweile eine ganz andere Dimension erreicht und ist ein bedeutender Faktor in der Unternehmensstrategie geworden.“ Für sie ist es auch entscheidend, dass wir die energietechnischen Abhängigkeiten in allen Ländern, in denen wir tätig sind, auf dem Radar haben.

Wie sieht die Situation für österreichische Unternehmen aus? Was kommt auf uns zu?

Velina Tchakarova sieht zwei Ebenen, die wir beachten müssen. „Die Preise sind immer noch deutlich höher als eigentlich das Ziel wäre und die Situation im russischen Angriffskrieg wird sich weder vor dem kommenden Winter noch vor der nächsten russischen Wahl im März 2024 großartig ändern“, prognostiziert die Expertin für Geopolitik. Die zweite Ebene sei der systemische Wettbewerb zwischen China und den USA, in welchem wir uns befinden. „Die Konkurrenz um Rohstoffe wird immer größer werden. Es wird institutionelle Lösungen geben, aber die Abhängigkeit vom Gas wird bleiben. Wir müssen hoffen, dass der kommende Winter nicht lang und kalt sein wird“, lautet ihre Prognose.

Tina Deutsch ergänzte, dass sich auch unsere Firmen stark in Abhängigkeiten wiederfinden. „Der Einkaufsfaktor Energie spielt eine immer wichtigere Rolle und ist längst kein Durchlaufposten mehr. Wir wollen auf Energieträger setzen, wo wir es selbst in der Hand haben. Diese Entwicklung ist ein positiver Faktor für die Energiewende, da sie dazu beiträgt, dass Unternehmen verstärkt auf erneuerbare Energien umsteigen und somit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten können.“

Unterschiedliche Perspektiven der Hoffnung

„Es wird eine Stimme der Hoffnung gebraucht, denn viele Unternehmen sind seit zwanzig Jahren auf der Stelle getreten. Tatsächlich spüren einige von ihnen endlich Rückenwind. Es ist wichtig zu bedenken, dass wir von einem System ins andere wechseln, und auch China und Indien haben sich dem Konsens angeschlossen, dass wir aus fossiler Energie aussteigen müssen“, meinte Hildegard Aichberger.

Worauf Velina Tchakarova erwiderte, „in der Welt der Geopolitik ist Hoffnung für die Hoffnungslosen. Es wird nach wie vor um dieselben alten Probleme gehen – Ressourcen, Ressourcen, Ressourcen.“ In Europa sind wir nämlich bezüglich gewisser Ressourcen zu 98 % von einem bestimmten Lieferanten abhängig – nämlich China.

Realismus vs. Idealismus - wie wird sich das System verändern

In der Abschlussrunde konnten die Gäste noch ihre Sicht auf die Diskussionspunkte zusammenfassen. Tina Deutsch betonte die dramatischen Konsequenzen der Klimakrise, wenn wir nicht handeln: „Es führt kein Weg daran vorbei. Es wird um eine viel dramatischere Verteilung gehen und wir werden viel dramatischer Wohlstand abgeben müssen, als wir zuerst dachten.“

Velina Tchakarova verweist auf Realitäten, auch wenn wir doch alle auf das Gleiche hinauswollten. Ergänzend gab Gebhard Ottacher noch folgendes Statement ab: „Wenn wir uns leisten können, Dinge zu importieren, werden wir viele unserer Probleme exportieren. Obwohl wir Naturschützer sind und unsere Berge nicht anfassen wollen, werden wir aufgrund dessen, dass wir keine Windräder dort wollen, Ressourcen importieren müssen. Wir sind bereits jetzt Importeure und werden in Zukunft für neue Abhängigkeiten zahlen müssen. Das Spiel bleibt dasselbe.“

Hildegard Aichberger beendete mit folgender Take-Home-Message: „Es geht um Veränderung unseres Systems, weg von Machtkonzentration. Wir werden weiter importieren und weiter abhängig sein, aber diese Abhängigkeiten zu überdenken wäre wichtig.“

Über Salon Klaiton:

Salon Klaiton bringt Expert:innen zu einer interaktiven Diskussionsrunde zusammen und thematisiert Herausforderungen, die viele Unternehmen aktuell prägen und bewegen. Der dritte Salon Klaiton fand am 09.05.2023 statt. Neben unseren Podiumsgästen nahmen zahlreiche Gäste aus der Wirtschaft und Beratung an der Debatte teil und diskutierten zum Thema „Energie & Geopolitik – Chance für unsere Wirtschaft“

Unser 3. Salon Klaiton als Video