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Interview mit Nikolaus Schmidt

Von Clayton Christensen zur Gründung von Klaiton

Im Zuge des 9. Geburtstag von Klaiton und dem 10-jährigen Jubiläum des Artikels "Consulting on the Cusp of Disruption" von Clayton Christensen, haben wir uns mit unserem Co-Founder Nikolaus Schmidt zusammengesetzt, um gemeinsam die Entwicklung der Consulting Branche Revue passieren zu lassen.

Klaiton Team

01.02.2023

5 Min

Vor etwas mehr als 10 Jahren wurde der Artikel „Consulting on the Cusp of Disruption“ veröffentlicht. Der Autor, Clayton Christensen, Harvard Business School Professor und Vordenker der Theorie der „Disruptive Innovation“, hat in diesem Paper die Beratungsindustrie untersucht. Seine Gedanken veranlassten 2015 Tina Deutsch und Nikolaus Schmidt unter anderem dazu Klaiton zu gründen und folglich auch nach Clayton Christensen zu benennen. Zum 9. Geburtstag von Klaiton interviewten wir unseren Co-Founder Nikolaus Schmidt.

Wie wichtig ist dieser Artikel für Dich und für Klaiton, und was sind die wesentlichen Kernaussagen?

Nikolaus: Enorm wichtig! Ohne diesen Deep Dive in die Beratungsindustrie und der Weitsicht, dass Disruption auch in dieser – nach innen – relativ konservativen Branche stattfinden müsse, hätten wir Klaiton möglichweise gar nicht gegründet. Wir waren damals selbst bei Deloitte, einer der Big 4 beschäftigt. Wir hatten viele börsennotierte Unternehmen beraten, aber bis dato noch keine Erfahrung als GründerInnen. Christensen zeigte, dass sich arrivierte Player verändern, aber auch neue Player und Geschäftsmodelle am Markt erfolgreich sein können.

Im Artikel ist eines der ersten Beispiele die Bereitstellung von Technologie-Lösungen durch die großen Strategieberatungen, die unabhängig von projekthafter Beratung angeboten werden und somit keine menschliche Involvierung mehr benötigen. Dass Innovation im Beratungsgeschäft auch durch die Marktführer passiert, ist eine Antwort auf den veränderten Bedarf der Klienten. Die klassische Strategiearbeit bei den Big 3 / MBB (McKinsey, BGG, Bain) war innerhalb einiger Dekaden von 70% auf 20% gesunken, also mussten neue Angebote geschaffen werden.

Welche weiteren relevanten Aspekte behandelt der Artikel?

Nikolaus: Christensen beschäftigt sich in weiterer Folge mit Innovation und Disruption in einem anderen Business Service, nämlich der Rechtsberatung. Auch hier sind mehrere innovative Organisationen entstanden, die mit einer Verbesserung von Prozessen, Technologie und Staffing (also der Allokation von Anwälten auf Mandate) ein wettbewerbsfähiges Angebot auf den Markt bringen.

Nun kam der - für uns - magische Teil. Christensen führt den Begriff der "facilitated networks" ein und nennt zwei (damalige) Marktführer, die sich als Netzwerkorganisation in unserer eigenen Kernprofession, der Unternehmensberatung, aufgestellt haben. Die Business Talent Group (mittlerweile von Heidrick & Struggles gekauft) und EdenMcCallum.

Ein Consulting-Netzwerk kann in vielen - allerdings nicht allen - Situationen, in denen Beratungsbedarf herrscht, eine sinnvolle Alternative sein. Überall dort, wo erfahrene Consultants benötigt werden, die pragmatisch und umsetzungsnah arbeiten, sind diese Modelle der klassischen Beratung sogar überlegen. Bei Mandaten wo ein „großer Big3 oder Big4 Name“ oder personalintensive und starke gemanagte Teams benötigt werden, nachvollziehbarerweise nicht.

Was geschah dann?

Nikolaus: Wir haben recherchiert und analysiert - man bekommt den Berater aus einem selbst ja nicht ganz raus - ob es bereits vergleichbare Mitbewerber im DACH Raum gab. Dann sammelten wir Mut - ganz wichtig war für uns vor allem das buy-in unserer privaten Partner, sowie von Investor:innen - und gründeten Klaiton.

Unser Ziel war, dass wir mit Klaiton die höchstqualitative Beratungsplattform am deutschsprachigen Markt betreiben. Wir haben eine Plattform entwickelt, unsere Marke entwickelt, haben das Geschäftsmodell und Prozesse getestet und retestet und immer wieder angepasst.

Ach ja, und dann war da noch unser Ausflug in die Coaching Welt, die dazu führte, dass die Haufe Group über 4 Jahre unsere Mehrheitseigentümerin wurde, aber das gehört eigentlich in einen anderen Artikel.

Wir haben in Folge jedenfalls seit 01.01.2022 unser Unternehmen wieder zu 100% in Gründer:innen-Besitz und sind am Markt erfolgreicher denn je. Wir haben Werte definiert, nach denen wir agieren und die für unsere Beratungspartner und Klienten auch spürbar sind. Wir sind superschnell, persönlich committed, hochprofessionell und immer freundlich.

Wie bereits angesprochen, versuchen wir immer authentisch und kundennah zu agieren: Wir widersprechen auch mal, wenn wir der Meinung sind, dass ein Auftraggeber etwas will, was man nochmal durchdenken sollte, wir sind sehr transparent in unseren Abläufen, sind schnell erreichbar und immer responsive.

Nikolaus Schmidt, Co-Founder & Managing Partner von Klaiton

Wenn man die Inhalte des Artikels mit der Realität vergleicht: Was ist gleich und was ist anders?

Nikolaus: Genau wie Clayton Christensen vorhergesagt hat, haben wir im Feld der „echten“ Strategieberatung nur wenige Mandate, obwohl wir zahlreiche Alumni der großen Drei in unserer Community haben.

Unser Kerngeschäft beginnt meist dort, wo es darum geht, dass eine, zwei oder maximal drei Personen in eine Organisation einsteigen und mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung Veränderungen steuern und große Projekte leiten. Wir sind in praktisch allen Unternehmensfunktionen tätig und sehen taktische Herausforderungen als unseren Sweetspot, also die Einführung eines neuen ERPs zu planen und steuern, die Produktionsprozesse zu verbessern oder das Unternehmen nachhaltiger und umweltfreundlicher aufzustellen.

Wie nehmen die Kunden das Angebot von Klaiton an?

Nikolaus: Wir holen in allen Beratungsprojekten Feedback unserer Auftraggeber:innen ab, je nach Intensität des Mandates wiederkehrend und sehr detailliert. Die quantitativen Bewertungen sind praktisch immer zwischen 8 und 10 von 10 und wir haben eine sehr hohe Folge-Beauftragungsquote, was für uns die schönste Form der Anerkennung ist.

Wie bereits angesprochen, versuchen wir immer authentisch und kundennah zu agieren: Wir widersprechen auch mal, wenn wir der Meinung sind, dass ein Auftraggeber etwas will, was man nochmal durchdenken sollte, wir sind sehr transparent in unseren Abläufen, sind schnell erreichbar und immer responsive.

Gab es auf Eurem Weg Schwierigkeiten?

Nikolaus: Unzählige! Wir haben etwas gebraucht, bis es ein Geschäftsmodell gab, dass mehr als 95% aller Kunden und Beratungspartner:innen als wirklich fair empfinden. Wir haben unterschätzt, dass es Zeit braucht, bis das Grundvertrauen in unser Angebot, unser Unternehmen und die Marke entsteht und gefestigt ist. Außerdem es ist nicht so leicht ein Plattformangebot bei Entscheider:innen so zu positionieren, dass auch ein entsprechendes Projektvolumen entsteht.

Als Startup hat man meist InvestorInnen und arbeitet auch sonst mit vielen relevanten Stakeholdern, so in den ersten Jahren auch bei uns. Wir haben hier viel Glück gehabt und praktisch immer mit fairen und klugen Menschen arbeiten dürfen, es bringt aber doch eine Defokussierung und einen hohen Zeitaufwand mit sich.

Wie geht Ihr ins Jahr 2024?

Nikolaus: Mit gemischten Gefühlen! Unser Kerngeschäft läuft gut und wir arbeiten intensiv am Ausbau. Wir haben im Jahr 2023 neben der Beratung und dem Projektmanagement unser drittes Angebot, das Interim Management, ausgebaut und bei immer mehr Unternehmen erfolgreich positioniert. Bei Interim-Mandaten geht es weniger um radikale Veränderungen oder große Projekte, sondern mehr um das Ausfüllen einer temporär unbesetzten aber kritischen Rolle im Unternehmen. Die meisten unserer Berater:innen sind in der Lage neben ihrer inhaltlichen Consulting Tätigkeit auch Interim-Mandate zu übernehmen. Ich würde mich sogar trauen, zu behaupten, dass Fachberater:innen, die bereits in Unternehmen angestellt waren, oft bessere Interim Manager sind, weil sie eine erhöhte Projektkompetenz einbringen. Wir wollen hier weiter investieren und diesen Bereich stärken.

Andererseits haben wir regional und global große Herausforderungen, von denen einige dem Freelancer-Geschäft zuträglich sein könnten, andere wohl weniger:

  • Da wäre zunächst das Superwahljahr 2024. Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung wählt, darunter die USA, Indien, die EU und auch Österreich. Die Ergebnisse werden einen großen Einfluss auf die Weltwirtschaft haben, etwa ob die Ukraine weiter entsprechende Unterstützung erfährt, wie sich die Beziehungen mit China gestalten, oder ob die globale Klimapolitik gestärkt oder geschwächt wird.
  • Die Knappheit an professionellen Talenten ist fast überall spürbar und für unser Geschäftsmodell vordergründig gut, gesamtwirtschaftlich ist es allerdings ein Hemmschuh für das Gesamt-Wachstum, das wir benötigen, um unseren Wohlstand zu halten.
  • AI Themen werden wohl stärker in Unternehmen kommen und über die ersten ChatGPT Anwendungen hinausgehen. Wir kennen mehrere Organisationen, die bereits komplexe und kernprozess-nahe Anwendungsfälle umsetzen oder intensiv daran arbeiten.
  • Das aktuelle Zinslevel zielt auf Inflationsbekämpfung ab und wäre in dieser Höhe vor ein paar Jahren eigentlich ein Instrument, um vor Überhitzung der Wirtschaft zu schützen. Momentan hält es uns aber eher von einem realen Wachstum ab.

Zum Abschluss, wie sieht deine Prognose für die Zukunft von Klaiton und der Consulting Branche aus?

Als Unternehmen haben wir in den vergangenen zwei Jahren und nach dem Rückkauf durch uns Gründerinnen konsolidiert und sind nun wieder in der Wachstumsphase. Die Wahrnehmung von meinen Kolleg:innen ist, dass wir am Markt grundsätzlich gut positioniert sind, und vor allem kunden- wie beraterseitig gutes Feedback erhalten. Wir möchten diesen Kurs halten und noch mehr Auftraggeber:innen erreichen und sie unterstützen.

Ich bin selbst sehr gespannt, welche Innovationen wir erleben werden, die unsere Branche verändern und über diesen Multiplikator auch die von uns unterstützten Unternehmen erreichen werden. Im Fokus unserer Arbeit steht allerdings weniger das Wie, sondern das Was und Warum. Wir wollen mit unseren Leistungen Unternehmen dabei unterstützen, erfolgreicher zu werden, um den Wirtschaftsstandort für die Zukunft zu stärken.

Der gesamte Artikel "Consulting on the cusp of disruption" von Clayton Christensen et al. ist jederzeit online lesbar im Harvard Business Review.